Für viele ist es selbstverständlich – unser Leben in Europa, in einer Staatengemeinschaft und mit gemeinsamer Währung. Doch das ist es nicht, es gab auch andere Zeiten und aktuell starke Bestrebungen, die Europa und das Leben wie wir es kennen verändern wollen. Doch was ist Europa und was bedeutet es für mich als Camperin, Bloggerin und Journalistin?
Das ist ein Beitrag zur Blogparade #SalonEuropa,
eine Idee von Burg Posterstein
Wohnmobil-Touren: Reisen fast ohne Grenzen
Wir sind mit dem Wohnmobil in ganz Europa unterwegs, vom Nordkap bis zum Südende. Da, wo es schön ist, bleiben wir. Ich erinnere mich noch genau an meine Kindheit, als wir teilweise mehrere Stunden an einem Grenzübergang verbracht haben, um dann endlich weiterzufahren. Oder welch aufregendes und mulmiges Gefühl es war, im Wald über die „grüne Grenze“ von Deutschland nach Frankreich zu wechseln. Dabei wartete ich immer auf irgendwelche im Gebüsch lauernden Grenzer oder Schmuggler, die aber glücklicherweise nie auftauchten.

Heute ist es durchaus möglich, von Paris ans Nordkap in drei Tagen zu fahren (mit dem PKW). Wir haben ganz oben in Nordnorwegen Stephan aus Paris getroffen, der das gemacht hat. Aus der Pfalz und mit einigen Zwischenstopps für Besichtigungen waren wir zehn Tage mit unserem Wohnmobil bis zu unserem Ziel Nordkap unterwegs. Mühsame Grenzübergänge sind gefallen. Hier wird fast keine Zeit mehr gebraucht. Wir bewegen uns selbstverständlich und spontan von Ort zu Ort. Auch ein Einkauf im Nachbarland ist keine Ausnahme mehr, sondern gelebte Routine.
Am Rande Europas sieht das schon anders aus. Leider konnten wir in Nordnorwegen bei Kirkenes nicht mit dem Camper nach Russland hinüberfahren, denn da gibt es noch eine feste Grenze mit Schlagbaum, die sogar nur zu bestimmten Zeiten geöffnet ist (so stand es auf den Schildern). Und wir hatten uns nicht entsprechend vorbereitet, was und wie der Grenzübergang möglich ist. Ich gebe zu, das hat mich schon etwas gewurmt, denn es waren nur noch 213 Kilometer bis nach Murmansk, eine verpasste Gelegenheit. Bei der Fahrt entlang der „grünen Grenze“ zwischen Norwegen und Russland, waren wir sicher von den Grenzposten auf der anderen Seite beobachtet zu werden. Jetzt werden auch in Europa wieder die ersten Grenzkontrollen eingeführt, was für ein Rückschritt.

Eine Währung – ganz praktisch
Über die Sache mit dem Geld denkt heute auch fast keiner mehr nach. Durch den gemeinsamen Euro komme ich nicht mehr nach einer Reise mit einem Haufen Kleingeld und einigen Scheinen wieder. Meine Eltern hatten für dieses Geld ein eigenes Schubladenkästchen. Eigentlich hätte ich dieses Geld doch gleich verschenken oder wegwerfen können. Denn selbst mit sorgfältiger Aufbewahrung waren Münzen und Scheine dann beim nächsten Urlaub doch verschwunden oder vergessen. Von den Gedanken über den Geldwechsel im Vorfeld mal ganz abzusehen. Beim Einkauf oder essen gehen kann ich direkt vergleichen, was für eine geniale und praktische Sache diese gemeinsame Währung.
Reiche Geschichte
Ich bin nicht nur Reisende, ich bin Archäologin. Deshalb gehen für mich die Wurzeln Europas auch ganz weit zurück. Wie groß war die Freude, wenn auf einer unserer Ausgrabungen ein „fremdes“ Stück gefunden wurde. In einem Grabhügel der Bronzezeit also ein Material oder Schmuckstück auftauchte, das im Mittelmeerraum oder noch weiter weg seinen Ursprung hatte. Material- und Wissenstransfer gab es schon damals. Richtig stolz bin ich bei diesen Erinnerungen auf unsere Vorfahren.

Oder wie faszinierend ist es, Spuren der großen Eiszeitjäger durch ganz Europa zu verfolgen. Auch die Verwendung von Kunst wie Höhlenmalereien oder Felsritzungen ist nicht nur auf ein kleines Gebiet beschränkt. Wir wissen es nicht, ob die Künstler, die in dem abgelegenen Tal in Portugal, Parque Arqueológico do Vale do Côa ihre Spuren an den Wänden hinterlassen haben und die Jäger und Sammler, die in Alta direkt am Rand des Meeres die Felsen verzierten, miteinander in Kontakt waren.

Aber es müssen ähnliche Glaubens- und Lebensvorstellungen gewesen sein, die diese besonderen Kunstwerke initiierten. Und die portugiesischen Felsritzungen zeigen in den Motiven wieder Ähnlichkeiten zu den französischen und spanischen Höhlenmalereien wie in Niaux. Diese Verbindungen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Steinkreise und Megalithgräber sind ebenfalls über ein großes europäisches Gebiet verteilt.
Pilger, Kirchen und Klöster
Auch die Menschen auf dem Pilgerweg nach Santiago de Compostella schufen bereits Europa. Sie machten sich auf der Suche nach Erlösung auf den beschwerlichen Weg und kamen mit einem Schatz an neuen Erfahrungen wieder in ihre Heimat zurück. Viele gingen sogar bis zum Ende der damals bekannten Welt ans Cabo Finisterre.

Klöster und die Kirchen formten ihre Umwelt und haben uns einen Schatz an Schriften und Bauwerken hinterlassen. Die Romanik lässt sich von Sizilien bis nach Norwegen verfolgen. Ähnliche architektonische und künstlerische Motive kommen zum Einsatz. Die Bandbreite reicht von der kleinen Dorfkirche bis zur gewaltigen Kathedrale. Das Kloster Jumièges in der Normandie oder der Dom zu Speyer sind eindrucksvolle Beispiele dafür.
Gewaltiges romanisches Kirchenschiff der Hauptkirche von Jumieges in der Normandie
Europa: Motor für Entwicklung
Als wir vor etwa 25 Jahren unsere erste Fahrt nach Nord-Westspanien mit unserem alten VW T2 machten, der blau angestrichen und mit gelben Europasternen verziert war, kamen wir noch auf andere Weise in Kontakt mit Europa. In dieser Zeit trafen wir kaum andere Touristen. Die Menschen der Region aber begegneten uns sehr freundlich.
Fast jeden Tag wurden wir positiv auf unser Fahrzeug und vor allem die Europasymbolik angesprochen. Überall wurden damals dort mithilfe der EU Straßen gebaut und immer wieder verlief die Reiseroute über haarsträubende Umleitungen, auch einmal an einem steilen Abgrund entlang. Seitdem sind wir schon mehrfach wieder in und durch die Region gefahren. Inzwischen geht es auf gut ausgebauten Straßen voran. Auch weite Strecken lassen sich schnell zurücklegen. Straßenbau und Entwicklung gingen Hand in Hand.
Europa: Sicherheit, Freiheit und Frieden
Europa gibt mir, die Sicherheit zu reisen und mich frei zu bewegen. Ich kann mit den Menschen über die Dinge sprechen, die ihnen und mir wichtig sind. Ich kann fast überall fotografieren. Und ich kann darüber berichten, ohne mich in Gefahr zu geben. Das ist nicht selbstverständlich.

Was aber noch wichtiger ist: Seit 1945 leben wir in Deutschland ohne Krieg. Diesen Frieden verdanken wir Europa. Das ist unendlich kostbar. Soldatenfriedhöfe aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg sind ständige Mahnungen dafür, wie wichtig dieser Frieden ist. Im Elsass starben am Hartmannswillerkopf in einem halben Jahr im Ersten Weltkrieg 25.000 bis 30.000 Menschen im Grabenkampf um wenige Meter Boden, was für ein Wahnsinn. Die Versorgungsstraße für die Soldaten entlang des Vogesenkammes ist heute eine beliebte Touristenstraße. An den Stränden der Normandie starben bei der Befreiung Europas mehr als 100.000 Menschen. Dazu kommen die Opfer unter der zivilen Bevölkerung.


Unterwegs in Europa sind wir als Camper überall zu Hause – von Südspanien bis zum Nordkap. Das ist ein unglaublich gutes Gefühl. Die Begegnungen mit Menschen, die intensiven Gespräche und die Gemeinsamkeiten, die es trotz aller Verschiedenheit zu entdecken gibt. Europa ist für mich Vielfalt und Freiheit. Hier bin ich sicher, hier kann ich mich frei bewegen und hier ist ein Großteil der Kultur entstanden, die ich kenne. Ein Leben reicht nicht aus, diese zu entdecken und zu erleben.
Was ist für Dich Europa?
Spannende Beiträge zum Thema Europa fand ich auch
- mikelbower: Elysium hauchte Europa // @mikelbower (23.9.2018), denn der Mann schreibt über Speyer (meine Heimatstadt)
- Landlebenblog: Prioritäten // @Odenwaelderin (7.10.2018)
- Sturmpost: Europa, Dorf und weite Welt // @sturmwarnung (7.10.2018)
- Mitkindimrucksack: #SalonEuropa – Europa ist für mich Freiheit (21.10.2018)
Danke an die Verantwortlichen für die Idee für diese inspirierende Blogparade #SalonEuropa.