Aktualisiert am 23. Januar 2023
Erfahrungen Van Umbau und Kastenwagen: Wohnmobile und ihre Besitzer haben viele Geschichten zu erzählen. Camper sind so verschieden und das finde ich super spannend. Hier in Teil 31 meiner Interview-Reihe mit besonderen Campern, stelle ich Dir Gary und Sheila vor. Sie sind mit einem selbst ausgebauten Van unterwegs und berichten über ihre Praxis-Erfahrungen mit dem Kastenwagen und ihre Reisen.

Gary & Sheila berichten über ihren Camper-Ausbau und Camping mit Wohnmobil
Irgendwie sind wir letztes Jahr miteinander in Kontakt gekommen, einen Kommentar, eine Frage, einen Austausch. Und jetzt ist kurz vor dem Aufbruch der beiden mit dem Kastenwagen-Camper nach Amerika das Interview da.
Ich liebe die Geschichten und Erzählungen von Campern über ihre Philosophie, ihre Reisen und ihre Fahrzeuge. Auch Gary und Sheila haben echt viel zu erzählen und ich habe mich sehr über das Interview gefreut.
Beim Lesen und bearbeiten habe ich immer mal wieder gelacht und meinem Mann Passagen vorgelesen. Aber ich habe mich auch gegruselt und ebenfalls Parallelen zu mir und anderen Reisenden im Kastenwagen entdeckt. Ich hoffe, auch Du hast Freude an diesem Bericht und liest das Interview gerne.
Besonders spannend finde ich die Informationen zum liebevollen Camper-Ausbau und den damit verbundenen Kosten, Vorteilen und Nachteilen. Und das Luxus-Bad hätte ich sehr gerne in meinem Kastenwagen. 🙂
Wer steckt im Kasten?

Gary & Sheila
Wir sind Gary (Jg. 1986 – 35 Jahre) und Sheila (Jg. 1993 – 28 Jahre), wohnen in Biel/Bienne in der Schweiz, haben keine Kinder, sind seit Februar 2018 ein Paar und seit Februar 2022 verlobt.
Als wir uns kennenlernten, stellte sich schnell heraus, dass wir große gemeinsame Interessen und Zukunftswünsche hatten, nämlich das Reisen und die Videografie. Und wir fingen an, Pläne zu schmieden, in einem selbst umgebauten Van auf große Reise zu gehen und unsere Erlebnisse zu verfilmen.
- Gary hatte nach seiner letzten Reise nach Brasilien im Dezember 17/Januar 18 den Wunsch einen VW Bus umzubauen. Er hatte nach seinem Master in Betriebsökonomie über 40 Länder mit dem Rucksack bereist, darunter Afrika, die Karibik und Zentralamerika. Dabei erwuchs der Wunsch, in einem rollenden Zuhause weiterzureisen und für einige Zeit die Sesshaftigkeit hinter sich zu lassen.
- Sheila war gerade dabei ihren Master in Psychologie abzuschließen und konnte es nicht erwarten nach 5 Jahren Uni den Alltag hinter sich zu lassen. Ihr Wunsch war es, nach dem Master auszubrechen und an eine Schauspielschule im Ausland zu gehen. Seit Kindesalter faszinierte sie die Film- und Theaterwelt. Aber auch der Wunsch, die Welt zu entdecken und auf Reisen zu gehen, war groß. In den vergangenen Jahren hatte sie vor allem Europa bereist und in Brasilien ihre Familie besucht.
Wir haben also unsere Sparziele definiert und ein gemeinsames Konto für den Van Umbau und die Kosten unserer geplanten Reise eröffnet. Damals arbeiteten wir beide 100 % im angestellten Verhältnis: Gary, studierter Betriebsökonom, war in der Industrialisierung in der Uhrenbranche tätig und Sheila, studierte Psychologin, im HR im IT-Bereich.

Unsere Motivation dieses Abenteuer anzugehen und auch unsere Lebensphilosophie in den letzten Jahren kann man so zusammenfassen:
- Wir wollten ausbrechen, die Welt entdecken und die Sesshaftigkeit, den Job, Sicherheit und Bekanntes hinter uns lassen. Von dem allem haben wir geträumt – von Selbständigkeit, Abenteuern und persönlichem Wachstum.
- Auch möchten wir unser Können in der Videografie kontinuierlich verbessern und Inhalte erschaffen mit Emotionen. Wir möchten Geschichten in Bildern erzählen und Menschen erreichen, sie berühren, sie inspirieren.
Aus dem ursprünglich geplanten VW-Bus wurde ein Kastenwagen-Camper, damit wir zu zweit in einem rollenden Zuhause leben konnten und nicht auf ein bisschen Luxus verzichten mussten. In unserem umgebauten Van sollte es für ein Bett, ein Bad inklusive Dusche und Toilette und eine Küche Platz haben.
- Wir entschieden uns einen gemeinsamen YouTube-Kanal zu gründen und darauf den kompletten Van-Umbau und die Reise zu dokumentieren.
- Für unsere Reiseroute hatten wir uns vorgestellt, von unserem Zuhause aus, über Gibraltar nach Afrika und die Westküste entlang bis Südafrika zu fahren. Danach wollten wir den Van verschiffen und Amerika und Südamerika bereisen.
Geld sparen für den Van-Umbau und die Weltreise im Camper
Wir haben für unsere Reise und die Kosten unseres Van-Umbaus über drei Jahren rund 100.000 Schweizer Franken gespart, also rund 1.500 Schweizer Franken im Monat pro Kopf. Das Geld stammt aus unseren Jobs im angestellten Verhältnis und aus Film- & Video-Aufträgen unseres eigenen kleinen Medien-Unternehmens „Mediagram“.
Dazu haben wir rund 90.000 Schweizer Franken in Krypto-Währung investiert. Und Gary erledigt zusätzlich ab und zu kleinere administrative Arbeiten für sein Familienunternehmen, was im Monat ebenfalls ein paar 100 Schweizer Franken einbringt.
Seit der Kündigung unserer Jobs leben wir von unserem Ersparten.
Kastenwagen-Van-Selbstausbau für die Weltreise

Im Juli 2019 haben wir unseren Fiat Ducato Kastenwagen gekauft und ein halbes Jahr später mit dem Umbau zum Camper begonnen. Zuerst haben wir vor allem an den Wochenenden und Abenden nach der Arbeit am Van gebaut. Sehr viel Zeit beanspruchte dabei die Recherche und Planung zu Vorgehensweise, Systemen (wie dem Stromsystem) und die Auswahl von geeigneten Materialien für den Camper-Selbstausbau.
Wir haben unseren Van komplett ohne externe Unterstützung gebaut. Das ganze Wissen haben wir uns selbst aus Büchern, dem Internet, YouTube und „learning by Doing“ angeeignet.

Anfang 2021 haben wir unsere Wohnung und unsere Jobs aufgegeben – ein weiterer großer Schritt in Richtung unseres Ziels. Als wir aufgehört hatten zu arbeiten, haben wir noch drei Monate intensiv an unserem Van-Umbau gearbeitet, um ihn in allen Details nach unseren Wünschen fertigzustellen.
Unseren Wohnmobil-Umbau haben wir im August 2021 nach gut zwei Jahren Bauen fertiggestellt.
Van-Umbau mit Vorteilen und Nachteilen

Unser Fiat Ducato Van war ein ehemaliger Sicherheitstransporter von der Schweizerischen Post.
- Der Kastenwagen Bautyp 250 hat einen Diesel Multijet 2,3 Liter Motor und 130 PS.
- Beim Kauf hatte der Fiat Van bereits 208.000 Kilometer auf dem Buckel.
- Das Fahrzeug ist jung, aus dem Jahr 2015, und besitzt den Komfort eines Tempomat, einer Rückfahrkamera und einer Klimaanlage.
Wir haben uns für die Standardgröße L2H2 entschieden. Das bedeutet die Masse: Länge 5,41 m, Höhe 2,54 m, Breite 2,05 m.
Das Fahrzeug ist ein 4×4 und hat 2 Sitze vorne und eine Anhängerkupplung.
- Wir wollten frei sein, auch etwas ziehen zu können, sei es der Motorradanhänger für Gary oder der Pferdeanhänger für Sheila.
- Wir wollten, dass das Fahrzeug von außen möglichst wenig, wie ein Camper aussieht. Aus diesem Grund haben wir bei der Auswahl des Fahrzeugs darauf geachtet, dass es bereits eingebaute und abgedunkelte Standard-Seiten- und Rückfenster hat.

Unser Fahrzeug hat ein maximales Gesamtgewicht von 3.300 kg, wobei das Leergewicht mit dem 4×4-Antrieb bereits bei 1.450 kg liegt, das ergibt eine Nutzlast von 850 kg. Das bedeutet, wir mussten beim Van Umbau sehr auf das Gewicht achten.
- Wir haben 600 kg beim Van Ausbau verbaut, es bleiben uns also nur noch 250 kg Zuladung für die Reise, für Kleidung, Equipment, Essen – das ist unser Nachteil.
- Ein weiterer Nachteil ist, dass unser Fahrzeug bereits über 200.000 km auf dem Tacho hat und sich dies bereits beim Getriebe und Motor bemerkbar machte. Wir mussten bereits das AGR-Ventil tauschen und am Dieselpartikelfilter Reparaturarbeiten durchführen lassen. Weitere Arbeiten werden auf jeden Fall kommen und auch einiges an Geld kosten.
Der größte Vorteil unseres Camper-Umbaus für uns ist, dass wir einen kleinen Hightech-Van mit vielen Annehmlichkeiten und einem großzügigen Strom Set-up gebaut haben. Zudem sieht der Campervan von außen sehr unauffällig aus, im Inneren ist er jedoch ein kleines Chalet, in welchem wir uns sicher und wohlfühlen. Wir haben eine große Dusche/Nasszelle mit Trockentrenntoilette in der wir wie zu Hause warm duschen können.

Unsere Ausstattung im Van-Selbstausbau
- Stand-Klimaanlage
- Beheiztes Bad
- 4 infrarot Überwachungskameras
- Entwässerung mit elektrischem Kugelhahn
- Stand-Dieselheizung & Warmwasser Boiler
- Induktionskochherd
- Digitale Anzeigen für den Füllstand der Tanks im Van
- Viel Beleuchtung, indirekte LED-Beleuchtung, Garagen-Beleuchtung
- Externe Dusche
Start der Weltreise im Camper in Europa
Wir starteten unsere Weltreise in unserem selbst ausgebauten Van Ende August 2021 in Europa und fuhren Richtung Skandinavien. Aufgrund der Pandemie haben wir uns entschieden, zuerst Europas Norden im Van zu bereisen und zu schauen, wie sich die Situation weiterentwickelt. Nach 4 Monaten hatten wir 15 Länder bereist und über 17.200 km gefahren.
Das Ziel der ersten Van-Reise – das Nordkap – haben wir erreicht und sind begeistert nach Hause in die Schweiz zurückgekehrt, um Weihnachten zusammen mit unserer Familie zu verbringen. Jetzt sind bereits 3 Monate vergangen, wir haben Zuhause vieles unternommen und erledigt und wir planen nun die nächste Reise im April/Mai 2022 nach Kanada, USA, Zentral- und Südamerika.
Wie seid Ihr zum Campen gekommen?
Sheila hat in ihrer Jugend mit ihren Eltern viele Ferien mit Auto und Zelt erlebt. So bereiste sie viele Länder in Europa: Frankreich, die Niederlande, Belgien, Italien und Skandinavien.
- Die erste Fahrt ging für sie mit ihren Eltern 2007 nach Frankreich. Sheila’s Vater hatte bereits in seiner Jugend Europa mit dem Zelt bereist und wollte seine Begeisterung für diese Art des Reisens mit seiner Familie teilen.
- Mit dem Auto sind sie von Land zu Land und Stadt zu Stadt gefahren, haben sich immer für die Übernachtungen einen Campingplatz gesucht und dort das Zelt aufgestellt; sei es in Paris, Amsterdam, Rom, Stockholm oder Oslo – alles im Auto, ein 1989 Mercedes 190E und dem Zelt im Kofferraum.
Eine Erinnerung, die Sheila aus dieser Zeit geblieben ist, ist eine Autopanne in Karlstad, Schweden in 2010, wo ihr Mercedes abgeschleppt werden musste und sie mit nichts, weder Auto noch Zelt, am Straßenrand standen. Und sie erinnert sich an eine Nacht im Zelt in Oslo (Norwegen) im gleichen Jahr, wo es nachts so heftig hagelte und regnete, dass es ihnen das Zelt flutete und sie im Nassen übernachten mussten.
Für Gary war das Reisen mit dem Zelt oder Camper etwas Neues. Er würde sich selbst auch eher als nicht-Camper bezeichnen.
- Seine Reisen hat er vorher mit dem Rucksack unternommen.
- In seiner Freizeit war er aber auch schon mit dem Zelt unterwegs, für Wochenendausflüge mit Freunden oder Open-Air-Konzerte.
- Die längste Reise im Camper hat Gary nun mit Sheila im selbst ausgebauten Van in diesen vier Monaten durch Skandinavien im letzten Jahr erlebt.
Eine Erinnerung, die ihm aus dieser Zeit in guter Erinnerung geblieben ist, ist das Erreichen des Nordkaps. Um fast 3 Uhr morgens bei Schnee und Wind, Schneeketten montiert und Scheinwerfer an, sind wir ganz alleine auf dem Nordkapplateau angekommen und haben dort übernachtet – eine Stimmung wie während einer Polarexpedition. Ein weiteres Highlight war die Durchquerung der Inselgruppe der Lofoten (Norwegen) mit den unzähligen Brücken, Tunneln und kleinen Inseln, umgeben von Fjorden.
Ist die Begeisterung für das Campen geblieben?

Die Begeisterung ist uns geblieben. Wir sind das Reisen mit dem Campervan noch lange nicht leid. Wir planen gerade die nächste große Reise mit dem Kastenwagen nach Kanada, in die USA und Zentral- und Südamerika.
Wir werden den Van von Hamburg nach Halifax verschiffen – wir freuen uns riesig auf dieses neue Abenteuer!
Was ist für Euch das Besondere an dieser Reiseart?
Das Besondere ist, dass man auf dem Roadtrip im Camper immer sein Zuhause dabei hat. Oftmals ist es stressig zu reisen, man befindet sich konstant in einer neuen Umgebung, mit vielen neuen Eindrücken, ohne einen bekannten Rückzugsort. Dabei ist man ständig in neuen Hotels, in neuen Städten und Ländern.
- Mit dem Van ist das anders, nach jedem Tag mit neuen Entdeckungen, kehrt man am Abend in sein bekanntes kleines Zuhause zurück.
- Dort kann man seine Seele baumeln lassen und die Eindrücke vom Tag verarbeiten. Man ist dabei in seinem eigenen Bett und in den eignen vier Wänden.
- Zudem ist man beim Reisen mit dem Van sehr flexibel – das bedeutet hinfahren und übernachten, wo und wann man will, keine Reservationen bei Hotels, kein Zeitdruck.
- Unser Zuhause ist zugleich auch unser Transportmittel, wir sind nicht abhängig von öffentlichen Verkehrsmitteln oder Taxis.

Auch gefällt es uns, dass wir mit dem Van die Natur erleben. Stets suchen wir schöne verwunschene Orte an einem Seeufer, oder inmitten eines Waldes – das bringt Ruhe in den Reisealltag. Im Gegensatz dazu halten wir uns beim Reisen ohne Camper, viel in Stadtzentren, Bahnhöfen, Flughäfen oder an von vielen Menschen frequentierten Orten auf.
Ein Nachteil der Reiseart mit dem Van ist für uns, dass man wenig mit Menschen in Kontakt kommt, also den Kontakt zu Menschen/Einheimischen aktiv suchen muss. Da wir nicht in einem Hotel übernachten und auch nicht den Bus an eine Sehenswürdigkeit nehmen, sind wir nicht automatisch im Gespräch mit anderen Menschen oder anderen Reisenden.
Solche Kontakte sind uns wichtig und sie verleihen dem Reisen nochmals eine ganz andere Facette an Vielseitigkeit: sei es auch nur eine kleine Bekanntschaft mit anderen Reisenden oder ein kurzes Gespräch mit einem Einheimischen – dadurch lernen wir wieder Neues über das Land, über andere Menschen und Lebensweisen und auch über uns selbst.
Gary & Sheila
An welches Erlebnis auf Reisen erinnert Ihr Euch am liebsten?
Für uns beide ist das Highlight unserer ersten Van-Reise das Erreichen des Nordkaps. Unser selbst ausgebautes Zuhause auf vier Rädern hat es geschafft uns im November bei Schnee, Eis und Kälte bis an den nördlichsten befahrbaren Punkt des europäischen Festlandes zu bringen. Nachts um fast 3 Uhr morgens sind wir dort angekommen, ganz alleine. Wir haben uns wie auf einer Polarexpedition gefühlt und waren stolz auf uns beide, dass wir es bis dahin geschafft hatten.
Aber es ging auch nicht alles reibungslos ab. Auf dieser ersten Reise mussten wir in Norwegen den Dieselpartikelfilter unseres Vans ersetzen lassen – das hat uns einiges unseres Reisebudgets gekostet, rund 3.500 Schweizer Franken, aber dafür konnten wir dann unbeschwert weiterfahren.
Glück im Unglück hatten wir bei einem Beil-Unfall im finnischen Lappland. Wir waren gerade dabei, unser Nachtessen vorzubereiten – Lachs auf dem Feuer. Während Sheila den Campingtisch aufstellte und den Lachs zubereitete, war Gary dabei für ein schönes Feuer Holz zu hacken.
In einem kleinen Moment der Unachtsamkeit ist ihm dabei das Beil aus dem Griff unter dem Arm gefallen. Das Beil erwischte den kleinen Zehen und hat diesen fast ganz abgetrennt, an einem kleinen Stück Fleisch hing der Zehe hinunter, und wir wussten, wir mussten so schnell wie möglich in ein Krankenhaus, um den Zehen zu retten. Gary fixierte mit Klebeband den kleinen Zehen am Fuß.
- In Angst und Hektik haben wir unser Lagerfeuer abgebrochen und sind zum nächstgelegenen Arzt gefahren – da jedoch schon Abend war, war die Praxis unbesetzt und ein hilfsbereiter Passant schickte uns zum nächstgelegenen Krankenhaus 30 Minuten mit dem Camper entfernt.
- Wir machten uns also auf den Weg in dieses Krankenhaus. Dort angekommen schaute sich ein Arzt den abgetrennten Zehen an, er sagte uns, es sei nicht allzu schlimm, aber er könne Gary hier nicht helfen, wir müssten in ein größeres Krankenhaus fahren – 300 km entfernt!
- In Angst den kleinen Zehen an einer Infektion oder durch Absterben zu verlieren, machten wir uns also so schnell wie möglich auf den Weg in das besagte Krankenhaus – draußen schneite es stark, die Straßen waren Schnee- und Eisbedeckt. Wir hatten eine lange und an den Nerven zerrende Fahrt vor uns.

Nach 4,5 Stunden haben wir das Krankenhaus in Rovaniemi erreicht. Endlich, 5,5 Stunden nach dem Unfall konnte Gary behandelt werden – der Fuß wurde geröntgt, eine Ärztin nähte ihm den Zehen wieder an, er erhielt eine Tetanus-Spritze und ein Antibiotikum. Die Nacht musste er im Krankenhaus verbringen. Am nächsten Tag würde dann der Fußspezialist den Zehen begutachten, und entscheiden, ob nicht doch eine Operation, Amputation oder weitere Maßnahmen notwendig sein würden.
Eine schlaflose Nacht für Gary im Spital und Sheila im Van auf dem Krankenhaus-Parkplatz verging also, und am nächsten Morgen kam dann die Erleichterung.
- Der Fußspezialist entließ Gary am Morgen. Er informierte uns, dass keine Operation oder Amputation notwendig sei, das Beil habe keine Bänder, Sehnen oder das Gelenk erwischt, der Knochen sei an der Fußspitze abgetrennt, dieser würde aber von selbst wieder zusammenwachsen.
- Ganz entwarnen konnte er jedoch nicht. Der Zehe war nun zwar wieder angenäht – ob ein so großer Schnitt wieder zusammenwachsen werde und ob sich keine Infektion ergeben werde, würde uns nur die Zeit zeigen.
Wir sollten eine Woche später wieder einen Spezialisten aufsuchen und bis dahin die Wunde jeden Tag säubern und neu einbinden und den Fuß schonen. Eine weitere Woche des Bangens fing also für uns an. Jeden Tag sah die Wunde ein bisschen besser aus, und die Nachkontrolle eine Woche später in Helsinki gab uns auch Hoffnung, dass alles wieder gut wird. Zwei Wochen nach dem Unfall konnten die Fäden gezogen werden, und Gary konnte schon den normalen Schuh anziehen und ohne Krücken gehen. Mit jedem Tag ging es Garys Zehe besser und wir sind mit einem kleinen Schock davongekommen.
Heute, 4 Monate nach dem Unfall verspürt Gary weder Schmerzen noch sonstige Einschränkungen und kann auch schon wieder normal Sport betreiben.
Was sind Eure Lieblings-Wohnmobil-Reiseziele?
Wir haben unsere erste Reise durch Deutschland, Luxemburg, Belgien, Niederlande, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Polen und Tschechien in sehr guter Erinnerung. Andere Länder in Europa können wir uns ebenfalls als sehr schöne Wohnmobil-Reiseziele vorstellen und wir kennen auch einige „Vanlifer“, die schöne Momente in Ländern wie Griechenland, Kroatien, Albanien, Rumänien, Bulgarien, Spanien, Portugal, Italien oder der Türkei erlebt haben.
Wohnmobil-Reiseziele sind für uns gut erreichbare schöne Plätze in der Natur, in einer sicheren Umgebung. Wenn wir in unserm Van und somit mit unserem gesamten Hab und Gut im Camper unterwegs sind, suchen wir Orte, an denen wir uns sicher fühlen.
Gary & Sheila
Im Moment zieht es uns mit dem Van nach Amerika, weg von Europa. Wir freuen uns auf exotische und tropische Van-Erlebnisse in Zentral- und Südamerika – womöglich auch mit einer Spur mehr Nervenkitzel und Risiko als in Europas Norden. Diese nächste Etappe unserer Reise gehen wir nun im April 2022 an.

Zu Beginn unseres Van-Umbaus und des ganzen Projektes hatten wir die Vision, mit unserem selbst ausgebauten Van durch Afrika zu fahren – von Gibraltar nach Marokko und an der Westküste entlang bis Südafrika. Mit stetigem Vorankommen im Umbau und nahendem Reisebeginn haben wir uns nach intensiven Recherchen gegen diese Route entschieden, nicht zuletzt aufgrund der zuspitzenden Auseinandersetzungen um das Territorium der Westsahara zwischen Marokko und der Frente Polisario.
Der Traum Afrika bleibt jedoch bestehen, besonders für Sheila – sie war noch nie in Afrika und hegt noch den Traum einer Safari hoch zu Ross und wünscht sich die atemberaubende Flora und Fauna, und vielseitigen Kulturen und Menschen auf diesem Kontinent kennenzulernen – auch ohne Van. Gary hingegen war bereits mehrmals in Afrika auf Reisen und hat bereits die Länder Südafrika, Kenia, Tansania, Uganda, Gambia und Mosambik kennengelernt.
Das Abenteuer Afrika bleibt vorerst nur Wunschdenken, im Moment sind viele andere schöne Vorhaben für uns in der Planungs- und Realisierungsphase. Für Gary geht nun ein großer Reisewunsch, die USA in Erfüllung – er freut sich auf schöne Strände und Natur, und besonders darauf, die Einzigartigkeiten der USA, wie den Grand Canyon, das Monument Valley, den Colorado River, die vielen Nationalparks im Camper und spezielle Städte wie Las Vegas kennenzulernen.
Wenn es um Reiseziele geht, ist jedoch eines für uns klar, wir lieben es stets neue und unbekannte Orte zu entdecken.
Warum habt Ihr Euch für Euren selbst ausgebauten Kastenwagen als Wohnmobil entschieden?

Wir haben unseren Van seit August 2019. Wir haben vorgängig einige Monate online nach einem geeigneten Fahrzeug für unseren Van-Umbau gesucht – was sich als gar nicht so einfach herausstellte, besonders mit den vielen Anforderungen, die wir an das Fahrzeug hatten.
Wir wollten einen kurzen Van, aber nicht den kürzesten, wir wollten einen hohen Van, damit wir darin stehen können, aber nicht den höchsten. Wir wollten einen Van mit 2 Sitzen vorne, freiem Durchgang zur Fahrerkabine, eingebauten Seiten- und Rückfenster, Anhängerkupplung, nicht zu viele Kilometer, nicht zu teuer, mit Klimaanlage und Tempomat.
Auf Autoscout haben wir dann ein Fahrzeug gefunden, dass fast allen unseren Anforderungen entsprach – außer, dass es schon ziemlich viele Kilometer auf dem Buckel hatte, mit 208.000 km; für 12.800 Schweizer Franken, aber ein akzeptabler Preis und all unsere anderen Anforderungen waren auch erfüllt.
Nach dem vielen Suchen haben wir uns dann ziemlich schnell auf dieses Fahrzeug geeinigt. Besonders Sheila drängte zum Kauf, Gary hätte sich lieber noch etwas mehr Zeit genommen ein anderes Fahrzeug zu finden.
Im Nachhinein, würden wir bei einem nächsten Mal lieber einen Van für den Ausbau mit weniger Kilometern kaufen und dafür etwas mehr bezahlen. Wir haben während dem Umbau so viel Herzblut in dieses Fahrzeug gesteckt, und der Van wächst einem so sehr ans Herz, dass es sehr weh tut, zu sehen wie langsam vieles ersetzt werden muss, weil der Verschleiß einfach schon zu groß ist bei so vielen Kilometern. Wir haben seit dem Kauf bereits um die 6.000 Schweizer Franken an Reparaturkosten in das Basisfahrzeug investiert.

Den Van haben wir komplett selber umgebaut, von der Elektronik, über das Wassersystem, bis zum Möbelbau. Zu Beginn war es drinnen leer und jetzt können wir darin wohnen. Bis jetzt sind wir sehr zufrieden mit unserem Camper-Umbau und alles funktioniert auch wie wir es uns vorgestellt haben.
Wir haben aber, weil wir einen kurzen Van haben (5,41 m) keine Sitzecke eingebaut – wir haben uns dafür für ein großes Bad entschieden. Der Gedanke hinter einem kleinen Van für den Umbau war, dass wir noch einen Motorradträger anbauen wollten, damit wir auf unseren Reisen ein Motorrad mitnehmen und so den Van auch mal stehen lassen und trotzdem noch flexibel mit einem Fahrzeug unterwegs sein könnten – auch in Hinblick auf Pannen oder Notfällen.
Zusammen mit einem Motorradträger sollte der Camper nicht zu lang sein, und noch auf normal großen Parkplätzen parkieren können. Mit dem kurzen Van kam aber auch das Gesamtgewicht von 3,3 t anstelle 3,5 t. Wir haben deshalb beim Umbau extrem auf das Gewicht geachtet, und sind mit dem Gewicht nun an das Maximalgewicht gestoßen. Vollbeladen und -bepackt wiegen wir 3.3t – also keine Chance noch einen Motorradträger anzubauen.
Bei einem nächsten Van-Umbau würden wir wahrscheinlich daher doch einen etwas längeren Van auswählen, mit einem Gesamtgewicht von 3.5t, und noch eine Sitzecke einbauen – eine Sitzgelegenheit für 2-4 Personen, wo wir auch mit Freunden im Van sitzen könnten, quatschen, trinken und essen.
Was wollt Ihr besonders Anfängern für den Van Umbau mit auf den Weg geben?
Am Anfang nicht den Mut verlieren. Ein solches Projekt, Van Umbau oder auch eine größere Reise kann sehr einschüchternd sein. Es bedeutet aus dem sicheren Rahmen des Lebens, der Gesellschaft auszutreten und Risiken einzugehen. Wenn Du Dir diesen Weg wünschst, dann fälle einmal die Entscheidung und hinterfrage sie nicht mehr. Geh kleine Schritte vorwärts in die Richtung, in die Zukunft, die Du Dir ausgemalt hast. Und in Momenten, wo Du denkst, das Ziel ist noch so weit entfernt ist, verliere nicht den Mut und mach einfach weiter.
Der stetige Tropfen höhlt den Stein, es wird nicht alles in wenigen Tagen geschafft sein, es kann auch Jahre dauern. Verliere den Fokus, dein Ziel, deine Vision nicht aus den Augen. Gib dir die Zeit, die du brauchst, blicke nicht zurück in Verzweiflung, halte den Blick in die Zukunft gerichtet.
Wir haben beim Van-Umbau gelernt, es dauert alles viel länger als man es geplant oder sich vorgestellt hat. Es hilft, wenn man diesen Ausbau zu zweit macht und sich gegenseitig wieder motivieren und an das Ziel erinnern kann. Bei der Auswahl vom geeigneten Fahrzeug als Camper langfristig in die Zukunft blicken, vielleicht ist es besser ein teureres und neueres Fahrzeug mit weniger Kilometern zu kaufen, um später, wenn der Van Umbau beendet ist, Kopfschmerzen mit vielen Reparaturen zu vermeiden.
Baue deinen Van genauso aus, wie du es dir wünschst, gehe keine Kompromisse ein aus Angst es nicht schaffen zu können. Es gibt online, wie auch bei Fachkräften immer Hilfe, wenn man es selbst nicht schafft. Du kannst dir mehr aneignen und umsetzten, als du denkst. Der Wille ist alles!
Auf welches Teil Ausstattung wollt Ihr beim Campen nicht mehr verzichten?

Wir möchten nicht mehr auf unsere Dusche und Trockentrenntoilette verzichten und haben beim Van Umbau große Sorgfalt darauf verwendet. Wir sind in sehr vielen Situationen so froh darüber, nicht abhängig von einem Campingplatz oder einer öffentlichen Toilette zu sein und einfach an Ort und Stelle duschen oder auf die Toilette gehen zu können – wo und wann wir wollen.
Dazu gehören auch unsere Diesel-Standheizung und unsere Elektro-Standklimaanlage. Beim Vollzeit-Leben im Campervan verbringen wir nämlich sehr viel Zeit drinnen im Kastenwagen-Camper.
Der Van selbst ist ein sehr kleiner Lebensraum – daher ist es uns wichtig, dass wir die Temperatur in unserem kleinen Lebensraum auch nach unseren Bedürfnissen einstellen können und nicht frieren oder schwitzen müssen. Im Winter in den Schweizer Alpen haben wir bereits bei Temperaturen von -15 Grad Celsius im Camper übernachtet, ohne zu frieren. Bei unserer nächsten geplanten Reise nach Südamerika werden wir sehr wahrscheinlich sehr dankbar für unsere Klimaanlage sein.
Wo können wir mehr über Euch erfahren?
Wir haben einen YouTube-Kanal und ein Instagram-Profil. Auf YouTube haben wir den kompletten Van-Umbau in einzelnen Etappen in Form von Erklärvideos verfilmt. Über unsere Weltreise berichten wir auf YouTube in Form von Reise-Vlogs.
Auf Instagram zeigen wir in Storys, was wir gerade machen, sei es am Van arbeiten oder Reisen. Zusätzlich posten wir unsere schönsten Momente in Foto-Beiträgen.
Wir verbinden damit zwei unserer großen Leidenschaften – das Reisen und die Videografie. Wir können unsere Erlebnisse mit unseren Abonnenten, Freunden und Familien teilen, zugleich dienen unsere Dokumentationen für uns als Tagebuch und gute Erinnerungen. Gleichzeitig können wir an unseren Videografie-Skills feilen: Noch schönere Aufnahmen, neue Videotricks, neues Equipment ausprobieren oder beim Schneiden neue Schnitttechniken einsetzten.
Bei unseren Videos auf unserem YouTube-Kanal wird’s daher sicher nicht langweilig und unsere Videos entwickeln sich stets weiter.
Schau doch mal rein bei Gary & Sheila
- YouTube: www.youtube.com/garysheila
- Instagram: www.instagram.com/gary_and_sheila
Fotos
Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von @Gary & Sheila
Lieben Dank Gary und Sheila für das super spannende Interview zu Eurem Camper Ausbau und Euren Erlebnissen & Plänen.